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Erschienen am 01.02.2012
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Geburtstagsgaben aus reiner Luft

 

Von Michael Thumser

Die Hofer Dreieinigkeitskirche ist 50 Jahre alt. Den Festlichkeiten steuert das Atrium-Quintett ein gut besuchtes Kammerkonzert mit delikater Musik für Bläser bei.

Hof - René, "König" der Provence, versteht zu leben. Als Troubadour weiß er, wie man behaglich einen Sonnentag im Freien verbringt: Mit einem Morgenständchen und einem Lied zur Nacht rahmt er ihn ein; an der Artistik von "Jongleurs" erfreut er sich, an Turnier und Jagd; und ganz genießerisch gibt sich der populäre Sänger aus dem 15. Jahrhundert der "Maousinglade" hin, jener Landschaft in der Provence, wo Darius Milhaud, Komponist des 20. Jahrhunderts, ein Haus besaß. "La Cheminée du Roi René", der Kamin des Königs Rainer, heißt heute der windgeschützte Lieblingsort des Troubadours bei Aix en Provence. Genauso heißt ein beliebtes Kammerwerk Milhauds, das am Sonntag als Kern eines Konzerts in der Hofer Dreieinigkeitskirche erklang.

Vor Wind geschützt wollen dort die Zuhörer nicht sein. Denn ein Bläserensemble, frischluftig und atemstark, spielt dem vielköpfigen und entzückten Publikum auf: Das Atrium-Quintett, fünf Klangartisten und Ton-"Jongleurs" der Hofer Symphoniker, feiern den 50. Geburtstag des Gotteshauses, und zwar so, dass - wie Pfarrer Herwig Dinter bemerkt - "die Gäste vom Geburtstagskind Geschenke kriegen" statt umgekehrt.

Das sind Werke zumeist in klassizistischem Gewand, auch wenn fast alle im 20. Jahrhundert entstanden. Als originaler Klassiker steht Joseph Haydn im Programm, mit seinem "Divertimento St. Antoni", dessen bekannten Andante-Choral die Interpreten in andächtiger Zartheit entfalten; im Finale kommen sie noch einmal auf ihn zurück, indem sie das Thema kurz und knackig in ein Allegretto ummodeln. Dazu passt, neben anderem, die Molière-Suite "Le Bourgeois gentilhomme" des 1972 gestorbenen Frantisek Bartos, die schildert, wie sich ein "Bürger als Edelmann" zu gerieren versucht: eine tönende Kurzkomödie voller Charme und Esprit, mit einer Gigue, die dem Ensemble als fetzige Fugen-Miniatur für Oboe, Klarinette und Fagott gelingt, und mit einem Finale für alle fünf, das ungeniert als Kehraus aufbraust.

Nicht viel Wind macht das Atrium-Quintett, sondern setzt lieber auf beseeltes Atemschöpfen. Auch kapriziöse Rhythmen bringen die Bläser nicht zum Schnaufen und Keuchen, und noch bei draufgängerischen Koloraturen geht ihnen die Puste nicht aus. Gerade Darius Milhauds Suite um den "Roi René" - mit ihrem Dur-Moll-Wechselspiel und ihrer Polytonalität, den Dissonanzen und Fehlfarben - erweist die Delikatesse der Musiker: die klar gezeichneten Höhenlinien der Flöte von Ulrike Lawrence und der Oboe von Pawel Kondakow, das tenorale Timbre von Thomas Faltlhausers Klarinette, den chevalresken Bassbariton von Emilian Tilevs Fagott und die unaufdringliche Vernehmlichkeit, mit der Alan Korcks Horn zwischen den tiefen Lagen vermittelt.

Auch ein Stück ganz aus der Gegenwart - und noch dazu aus Hof - wird laut: Peter Lawrence, Symphoniker-Trompeter und produktiver Komponist, schrieb das Allegro vivace, das rhythmisch gepfeffert den offiziellen Schlusspunkt hinter die reizvoll ausgesuchte Werkfolge setzt. Reine Spielzeit: 70 Minuten - die passen prima auf eine CD. Das wäre ein Geschenk, mit dem das Atrium-Quintett einen seiner nächsten Geburtstage feiern könnte, sehr zur Freude seiner Freunde.